Der vierte Teil der Bardengeschichte steht vor der Tür. Am 18. September soll „The Bard’s Tale IV: Barrows Deep” erscheinen (Hier unser Gamescom-Vlog dazu).Der vierte Teil? Den meisten unter 30 dürfte die Erinnerung an die ersten drei Teile schwerfallen. Teil eins kam 1985 raus, Teil zwei 1986 und Teil drei 1988. Entwickler inXile brachte 2004 zwar ebenfalls ein Spiel mit dem Namen „The Bard’s Tale“ heraus. Mangels offizieller Lizenz durfte es aber nur Anspielungen auf die Originale enthalten. Nun, 30 Jahre nach dem ursprünglichen dritten Teil, steht inXile kurz vor dem Release eines offiziellen Nachfolgers. Passend dazu veröffentlichte inXile am 14. August dieses Jahres mit „The Bard’s Tale Trilogy“ eine Neuauflage der ersten drei Teile. Für 12,49 Euro auf Steam und GOG also eine günstige Gelegenheit, sich mit der Geschichte des Barden vertraut zu machen.
Was ist gut, was ist schlecht in The Bard’s Tale Trilogy?
Die schlechte Nachricht zuerst. Das Remaster ist ein Work-in-Progress, bislang ist nur der erste Teil spielbar. Die Entwickler haben seit Release aber bereits sieben Updates hinterhergeschoben. Die diesem Artikel zugrundeliegende Version 1.07 lief in den bisherigen fünf Stunden Spielzeit fehlerfrei.
Bislang ist nur Teil Eins von The Bard’s Tale Trilogy spielbar.
Die gute Nachricht: The Bard’s Tale Trilogy darf sich zurecht Remaster nennen. Grafik und Sounds wurden runderneuert, die Steuerung geht angesichts des Genres „Rundenbasierter Dungeon Crawler“ vollkommen in Ordnung. Aktuelle Vertreter wie etwa Legend of Grimrock oder Might & Magic X: Legacy haben das Rad in dieser Hinsicht auch nicht neu erfunden. Das Spiel lässt die Nostalgie der „guten alten Zeit“ wohldosiert aufleben. Die Entwickler haben an den richtigen Stellen eingegriffen und es geschafft, ein Spiel zu kreieren, dass sich so anfühlt wie aus der Vergangenheit. Aber ohne die bockschweren Haken und Ösen, die der damaligen rudimentären Mechanik geschuldet waren. Und mit denen heute kaum einer ein Spiel verkauft bekäme. Genug der Lobhudelei. Rein ins Abenteuer.
Die Geschichte des Barden beginnt
Gedämpfte Stimmen erklingen in der Taverne, hier und da klirrt ein Glas. Der Gildenmeister der Abenteurergilde begrüßt den Neuankömmling und überträgt ihm sogleich eine wichtige Aufgabe. Ein böser Magier hat die Stadt in seinem Würgegriff. Finstere Schergen, Monster und Untote ziehen durch die Straßen. Nur der frisch gebackene Abenteurer kann etwas dagegen unternehmen. Ohne große Umschweife schnappt sich der Held die erstbeste Truppe und betritt die Straße. Eine Anleitung, wie man zum Helden wird, seinen Kameraden Anweisungen erteilt oder überhaupt von A nach B kommt, gibt es nicht. Also stürzt sich die sechsköpfige Gruppe unvermittelt in ihr Abenteuer. Der Barde stimmt sein erstes Lied an, die Gruppe fühlt sich seltsam beweglich.
In der Gilde der Abenteurer stellt der Spieler seine Gruppe zusammen
The Bard’s Tale Trilogy geizt in der Tat mit Hilfen, ein Tutorial gibt es nicht. Es bleibt seiner Vorlage treu, Spiele hatten früher eben eine gedruckte Anleitung. Sie zu lesen war oft unumgänglich. Dafür bietet die Neuauflage eine schicke, hochauflösende Oberfläche. Alle Elemente sind neu gezeichnet, die Anordnung passt sich auch 21:9 Auflösungen an. Großer Bonus gegenüber dem Original: Das Spiel lässt sich zusätzlich mit der Maus steuern. Gezogen wird Feld für Feld, nach Norden, Süden, Osten oder Westen. Der Barde verfügt über eine Reihe von Liedern, die er auf seinem Instrument spielen kann. Ähnlich einer Aura stärken die Lieder wahlweise die Gruppe oder schwächen den Feind. Es kann zwar immer nur ein Lied aktiv sein, dafür hält es eine ganze Weile. Die Kehle des Barden wird jedoch mit jedem gespielten Lied trockener, der Besuch einer Taverne schafft Abhilfe. Je nach Qualität des Getränks kann der Barde unterschiedlich viele Lieder spielen.
Der erste Kampf
Kämpfer, Barde und Magier machen sich also auf, die Stadt Skara Brae zu erkunden. Schon zwei Ecken weiter lauern zwei mannshohe Spinnen. Mutig ziehen die Recken ihre Schwerter, Dolche und Stäbe. Paladin Brian the Fist, Krieger El Cid, Barde Markus und Schurke Sir Grady stellen sich an vorderster Front den acht-beinigen Monstern entgegen. Beschwörer Merlin und Magier Omar bleiben im Schutz der zweiten Reihe. Nach ein paar gezielten Schlägen und einigen eingesteckten Treffern ist der Kampf entschieden, die Spinnen liegen am Boden. Erfahrungspunkte und Gold sind der Lohn.
Der Erste Kampf mit zwei Spinnen.
Gegner können in The Bard’s Tale Trilogy nicht erspäht werden, ein Kampf kann jederzeit beginnen. Die Auswahl der Gegner ist zufällig je nach Zeit und Ort. Nachts sind gefährlichere Wesen unterwegs als tagsüber. Jedes Haus kann einen Widersacher beherbergen. Dieselbe Gasse kann auf dem Rückweg plötzlich einen Kampf erfordern. Das ist für eine starke Gruppe praktisch und bringt leicht verdiente Erfahrungspunkte. Ist die Gruppe dagegen angeschlagen, erhöht es die Spannung bei jedem Schritt. Die Kämpfe selbst laufen rundenbasiert ab. Zu Beginn jeder Runde erteilt der Spieler Anweisungen: Nahkampf, Fernkampf, Zauber, Verteidigung. Schurken können sich im Schatten verstecken. Gelingt das Versteckspiel, greift der Schurke in der nächsten Runde mit kritischem Schaden an.
In welcher Reihenfolge Gegner und Helden angreifen, wird durch ihre Geschicklichkeit bestimmt. Schurken und Diebe haben einen hohen Wert, greifen zuerst an. Grobschlächtige Oger zuletzt. Die Errechnung von Schaden, Abwehr und Trefferchance passiert im Hintergrund. Der Spieler bekommt aber recht schnell ein Gefühl dafür, mit wem er es zu tun hat. Grobschlächtige Hobgoblins schlagen härter zu, sind dafür später an der Reihe. Zauberer sollten als erstes beseitigt werden. Sie verfluchen die Heldengruppe oder stärken den Gegner. Da die Neuauflage eine praktische Schnellspeicherfunktion enthält, muss der Spieler wenig Angst haben. Einen Versuch kann man immer wagen.
Versteckte Hinweise
Da El Cid und Sir Grady im Kampf gegen die Spinnen ein paar Schläge abbekommen haben, stellt sich für die Abenteurer die Frage nach einem Heiler. Heiltränke haben sie keine, die beiden Magiebegabten müssen mit ihrer Kraft haushalten. Der nächste Gegner könnte ein härterer Brocken werden. In einem leerstehenden Haus entdecken sie einen Hinweis, eine Seite aus dem Handbuch der Abenteurergilde. „Sei darauf vorbereitet, auf Level eins und zwei sehr oft zu sterben, besonders nachts. Es könnte eine gute Idee sein, in der Nähe eines Tempels zu verweilen.“ Es muss also irgendwo einen Tempel geben. Einige Straßenzüge und ein paar blaue Flecken weiter liegt der Tempel der Diebe. Der Name ist Programm, die geschäftstüchtigen Heiler verlangen ein ordentliches Sümmchen für die Behandlung. Aber die Kasse der Gruppe ist nach den ersten Scharmützeln ausreichend gefüllt, der Heilung steht nichts im Wege.
Die Gilde der Abenteurer hat in der Stadt Hinweise hinterlassen.
Der gesamte oberirdische Teil von Skara Brae besteht aus zahlreichen Tempeln und Häusern. Je weiter der Spieler die Stadt erkundet, umso mehr Hinweise aus dem Handbuch findet er. Das Tutorial wird in The Bard’s Tale Trilogy also erlaufen und erkämpft. Lebenspunkte können in Tempeln gegen Bares wiederhergestellt werden. Richtig teuer wird es, sollen auch Vergiftungen oder Flüche aufgehoben werden. Nahezu unbezahlbar, wenn einer der Recken wiederbelebt werden muss. Je höher die Stufe der Charaktere ist, umso teurer wird die Behandlung. Auch Zauberkraft kann wieder aufgeladen werden, bei Roscoe’s Energie Emporium und natürlich gegen Bezahlung. Alternativ lädt die Energie auch mit der Zeit wieder auf, für ein effektives Vorankommen aber viel zu langsam.
Bei Roscoe können Magier ihre Energie wieder aufladen.
Die Stadt ist groß
Und sehr verwinkelt. Um keine Hinweise zu verpassen, klappern die Helden jede noch so runtergekommene Bruchbude ab. An einigen Toren kommen sie zunächst nicht weiter, eigenartige Kreaturen, Steingolems und Trolle versperren den Weg. Damit Brian, Markus und Co die immer gleichen Häuserreihen auseinanderhalten können, zeichnet die Gruppe ihren Fortschritt in einer Karte ein. Dort verzeichnet sie auch Tavernen, Tempel und den einzigen Schmied der Stadt. Nach einer Weile sehen sich die Recken gegenseitig an. Sie scheinen ordentlich Kampferfahrung gesammelt zu haben, auf zum Rat der Beurteilung. Ein Stufenaufstieg steht an.
Die aufgedeckte Stadt Skara Brae
Die automatische Karte ist eine Komfortfunktionen in The Bard’s Tale Trilogy. Musste jedes gegangene Feld früher auf kariertem Papier eingezeichnet werden, erledigt das Spiel diese Aufgabe nun automatisch. Die Darstellung ist passend zum Gesamtbild schlicht aber funktionell. Optional lässt sich sogar eine Minimap hinzuschalten, mit der es sich schneller navigieren lässt. Der Rat der Beurteilung, auf Englisch Review Board, dient dem Spieler dazu, seine Helden in ihrer Klasse eine Stufe aufsteigen zu lassen. Wenn genügend Erfahrungspunkte gesammelt wurden. Für höhere Level soll im Gegensatz zum Original deutlich weniger Grind nötig sind. Während der ersten fünf Stunden kommen in der Tat schon recht viele Erfahrungspunkte zusammen. Der Stufenaufstieg ist kostenlos, neue Zaubersprüche sind es nicht. Doch die Investition lohnt, höherstufige Sprüche sind erheblich effektiver und auch gegen ganze Gegnergruppen einsetzbar. Zusätzlich können Magiebegabte ab einem gewissen Level umschulen auf eine andere Magieklasse. Die bereits erlernten Sprüche bleiben erhalten, neue kommen hinzu.
Das Review Board: Hier steigen Charaktere im Level auf.
Der Abstieg
Die Oberwelt ist weitestgehend frei von Gesindel, nur ein übermächtiger grauer Drache bewacht noch eines der Tore. Dorthin müssen die Helden wohl oder übel später noch einmal. Nur wo geht es zu den Katakomben? Ein Hinweis der Abenteurergilde besagt: „Die Taverne an der Rakhir-Straße ist die einzige, die Wein serviert. Und dieser Wein ,geht gut runter‘.“ Könnte es dort einen Zugang geben? Tatsächlich, der Gastwirt zeigt in Richtung Weinkeller. Im Gewölbe angekommen ist es ohne Himmel schwierig, die Richtung auszumachen. Gut, dass die Truppe einen Magier dabeihat, der einen Kompass herbeizaubern kann. Halsabschneider, Goblins und Diebe scheinen das Dunkel zu lieben. Es gibt zahlreiche Stellen, an denen sie immer wieder auftauchen. Eine Falle verpasst den Helden einen empfindlichen Stromschlag. Der Magier hätte aber auch mal eher daran denken können, dass er einen Spruch zum Fallen aufdecken kennt.
Erste Ebene der Dungeons unterhalb Skara Brae
Die erste Ebene des Abstiegs bereitet den Spieler sanft auf die Dinge vor, die noch kommen. Hinter den meisten Türen stehen erwartbare Gegnergruppen. Die Stärke der Gegner zieht spürbar an. Die erste Ebene eignet sich gut, um Erfahrungspunkte zu sammeln. Nester bleiben geräumt, bis der Spieler die Ebene verlässt und wieder neu betritt. Das erhöht beim Erkunden der tieferen Ebenen das Risiko. Kommt man allzu angeschlagen die Treppe wieder hoch, können auch die vergleichsweise leichte Monster zur Bedrohung werden. Generell muss der Spieler ab hier immer den Rückweg mit einkalkulieren. Haben die einzelnen Helden noch genügend Lebenspunkte für einen zusätzlichen Kampf? Die Magier noch genug Energie? Nichts wäre ärgerlicher als mit prallgefüllten Taschen auf den letzten Metern zu straucheln. Oder die hart erkämpften Goldstücke in die Wiederbelebung eines Kameraden investieren zu müssen.
Fazit: Gelungene Neuauflage für Genre-Fans
Die ersten Stunden der Neuauflage von The Bard’s Tale Trilogy offenbaren zwei Dinge. Erstens: Die Entwickler haben sich viel Mühe gegeben, eine zeitgemäße Version des alten Klassikers zu erschaffen. Sinnvolle, moderne Komfortfunktionen wie unabhängiges Speichern, automatische Karte und Maussteuerung machen das Spiel zugänglich. Gleichzeitig wurde darauf geachtet, die Gesamtoptik und Spielmechanik nicht stärker zu verändern als unbedingt nötig.
Zweitens: Den unweigerlichen Erfahrungspunkte-Grind und den immer gleichen Kampfablauf konnte auch inXile nicht komplett aus dem Spiel werfen. Schnell stellt sich zu Kampfbeginn eine feste Routine ein, vor allem in niedrig-stufigen Gebieten. Ist der Gegner gnadenlos unterlegen, könnte der Spieler zwar die Flucht ergreifen. Aber auch kleine Mengen Erfahrung und Gold wollen mitgenommen werden. Ohne diese Mechanik wäre es aber schlicht kein Bard’s Tale mehr.
Ausblick
Neben den zwei weiteren Teilen soll im Winter auch eine Legacy Version von The Bard’s Tale Trilogy implementiert werden. In dieser können besonders Hartgesottene sämtliche Komfortfunktionen abschalten und somit ein noch deutlich originalgetreueres und schwierigeres Spiel erleben. Unabhängig vom Zeitplan der Neuauflage wird am 14. September The Bard’s Tale IV: Barrows Deep(Offizielle Seite) erscheinen.
Optionen der kommenden Legacy-Einstellungen