Ein einfaches Leben wolle sie von nun an führen, meint Debbie Ocean (Sandra Bullock), als sie darum bittet, nach mehr als 5 Jahren und 8 Monaten aus der Haft entlassen zu werden. Von ihrer kriminell veranlagten Familie werde sie sich selbstverständlich fernhalten. Ihren inzwischen offenbar verstorbenen Bruder Danny Ocean haben wir in Gestalt von George Clooney in der „Ocean’s“-Trilogie von Steven Soderbergh kennengelernt. Doch nun ist Debbie am Zug.
Nach ihrer Freilassung ergaunert sie sich im Luxuskaufhaus Bergdorf Goodman in Midtown Manhattan erst einmal die nötige Edel-Garderobe sowie die passenden Kosmetikprodukte, um sich anschließend mit ebensolcher kriminellen Energie in einem 5-Sterne-Hotel einzuquartieren. Diese Eröffnung wird von Regisseur Gary Ross, welcher gemeinsam mit Olivia Milch auch das Drehbuch zu Ocean’s 8 verfasst hat, mit Witz und Tempo umgesetzt – und auch die Einführung des weiteren Personals gerät unterhaltsam.
Zusammen mit ihrer Komplizin Lou (Cate Blanchett) rekrutiert Debbie eine Gruppe von Frauen mit diversen Fähigkeiten: die verschuldete und verzweifelte Modeschöpferin Rose Weil (Helena Bonham Carter), die einst en vogue war und immer noch gute Kontakte zur Fashion-Welt hat, die Juwelenexpertin Amita (Mindy Kaling), die Hackerin Nine Ball (Rihanna), die Trickbetrügerin Constance (Awkwafina) und die Hehlerin Tammy (Sarah Paulson), die ein Doppelleben als suburbane Hausfrau führt.
Als Team wollen sie ein Collier aus dem Hause Cartier stehlen, welches mit Juwelen im Wert von 150 Millionen US-Dollar besetzt ist. Rose soll die umschwärmte Schauspielerin Daphne Kluger (Anne Hathaway) als deren persönliche Designerin dazu bringen, das wertvolle Schmuckstück auf der bevorstehenden Met Gala zu tragen – damit die restliche Truppe, die sich in unterschiedlicher Funktion in die Veranstaltung hineinschmuggeln will, das Collier entwenden und durch ein Imitat ersetzen kann.
Wie schon die 3 Werke von Soderbergh, die zwischen 2001 und 2007 entstanden, ist auch Ocean’s 8 eine Krimikomödie, die mit geschliffenen, von einer Star-Riege vorgetragenen Dialogen sowie mit stilvoll arrangierten Bildern und einigen Plottwists von der Planung und Durchführung eines spektakulären Coups erzählt. Da das Heist-Genre bisher extrem von männlichen Hauptfiguren dominiert war, ist die Besetzung der zentralen Rollen mit Frauen gewiss die größte Besonderheit dieser Arbeit. Und es erscheint recht unnötig, dass man Debbie und deren Crime-Clique keine gänzlich eigenständige Geschichte zugedacht hat. Die Bezüge zu den Ocean’s-Filmen – wenn Debbie sich etwa zu Dannys Ruhestätte begibt und einige (wenige) bekannte Gesichter der Reihe in Cameos zu sehen sind – bleiben reizlos; obendrein lässt sich das Skript-Duo Ross und Milch bei der Figurenzeichnung zu allzu vielen Parallelen zum Original (welches wiederum ein Remake von Frankie und seine Spießgesellen aus dem Jahre 1960 ist) verleiten.
Dies ist nicht die einzige Schwäche von Ocean’s 8. Bei aller Kurzweil ist man als Zuschauer_in doch ein bisschen enttäuscht, dass das Ganze ziemlich harmlos bleibt. Abgesehen von ein paar cleveren Sprüchen – wenn Debbie ihrer Mittäterin Lou zum Beispiel erklärt, weshalb sie ein männliches Mitglied bei ihrem Vorhaben ablehnt, oder wenn sie vor dem entscheidenden Event eine herrliche Motivationsrede hält – mangelt es dem Film an Spitzen, die es in viele Richtungen auszuteilen gäbe. Die zahlreichen Gastauftritte im Rahmen der dekadenten Met Gala, von Anna Wintour über Heidi Klum und Kim Kardashian bis hin zu Katie Holmes, entbehren jedweder Selbstironie; und die Rache von Debbie an ihrem Ex-Lover und -Komplizen Claude Becker (Richard Armitage) ist ziemlich uninteressant und überraschungslos, da dieser nie zu einem ernst zu nehmenden Antagonisten werden darf.
Dennoch hat das Werk auch einige starke Momente zu bieten. Wenn die stets etwas derangiert wirkende Rose das kostbare Collier mit einer Spezialbrille scannen soll und dafür sowohl Netzempfang als auch Zeit benötigt, werden Humor und Spannung wunderbar zusammengebracht. Ohnehin weiß Helena Bonham Carter in jeder Szene zu glänzen. Zwar hat die Britin inzwischen sehr oft die zerstreute Exzentrikerin verkörpert; in einem durchgestylten Film wie diesem hat dieser Darstellungsstil allerdings doch noch mal eine andere Anmutung als etwa in einer verschrobenen Tim-Burton-Schöpfung. Ihr fahriges Spiel hat hier etwas erfrischend Widersetzendes. Während man von Mindy Kaling, Rihanna, Awkwafina und Sarah Paulson leider entschieden zu wenig sieht, darf Anne Hathaway als überspannte Prominente ebenfalls ihr Comedy-Talent demonstrieren. Zudem hinterlässt die Chemie zwischen Sandra Bullock und Cate Blanchett Eindruck: Wenn Debbie und Lou in einem New Yorker Café sitzen, miteinander plaudern und die eine die andere dazu überredet, von dem leckeren Essen zu probieren, macht das Lust auf weitere buddy movies mit weiblichem Cast – aber gerne ohne das verzichtbare Film-Franchise-Label und mit einem Drehbuch, das über etwas mehr Schärfe verfügt.